Die BERBER

Uraltes afrikanisches Volk mit von Frauen geprägter Kultur

Bogenschützin
Sehr alte Felsgravierung eines weiblichen(?) Bogenschützen von Wadi In Habeter im südwestlichen Libyen.


Die Berber sind keine in sich geschlossene Volksgruppe, sondern bestehen aus zahlreichen, teilweise sehr unterschiedlichen Volksstämmen. Darüber hinaus erstreckt sich ihr Verbreitungsgebiet über ein riesiges Gebiet – vom westlichen Ägypten bis zur Atlantikküste Marokkos. Auch auf den Kanarischen Inseln haben Berber gelebt, die sogenannten Guanchen, doch wurden diese im Laufe der Geschichte ausgerottet.
Ihre Wurzeln sind bereits in die Antike fassbar, allerdings unter den Namen «Numider», «Gätuler» und «Garamanten», welche mit den Berbern gleichzusetzen sind.
Das bekannteste Berbervolk ist jenes der Tuareg, welches, geschützt durch seinen lebensfeindlichen Lebensraum am Rande der Sahara, seine Ursprünglichkeit am meisten bewahren konnte.
Sprachwissenschaftlich können drei Hauptgruppen von Berberdialekten unterschieden werden.

  • Zeneta. Diese Dialektgruppe umschließt im Groben die Berber von Libyen, Tunesien und Algerien mit Ausnahme der Kabylei.
  • Sanhadja. Dieser Dialekt wird in der Kabylei, im Tuareg-Gebiet, im Gebiet des Mittleren Atlas und im Zentralbereich des Hohen Atlas gesprochen.
  • Maçmoûda. Diese Gruppe umfasst Marokko, den westlichen Hohen Atlas, den Anti-Atlas und das Gebiet westlich davon (Rif).
Charakteristisch für die Berber sind die Verstreutheit, eine anarchische Grundeinstellung und das Fehlen von Einheit. Die Berber bildeten die ganze Geschichte hindurch nie einen nationalen Staat, sondern blieben immer in autonome Stämme aufgesplittet. Ein überregionales Nationalbewusstsein scheint den Berbern fremd, Ansätze dazu, wie in der Gegenwart die Gründung eines Berberstaates durch die Tuaregs im Norden Malis - «Azawad» - zerschlugen sich in kurzer Zeit.

Obwohl die Berber bereits vor über 1000 Jahren der Islamisierung anheimfielen, konnten sie doch ihre besondere Kultur mehr oder minder gut bewahren. Umso erstaunlicher ist es, dass trotz des langen Einflusses der durch und durch patriarchalen Kultur des Islams die Berberfrauen ihre besonders hohe Stellung in der Gesellschaft behielten. Es beginnt damit, dass – ganz anders, als bei den anderen patriarchalen Völkern – ein besonderer Schwerpunkt auf die Ausbildung der Mädchen gelegt wird. So sind es in der Regel die Berberfrauen, die lesen und schreiben können, und sie sind es, die literarisch tätig sind, vor allem als Dichterinnen. Auch bei der Partnersuche spielen sie die aktive Rolle, sie wählen ihren Mann aus. Aus diesem Grund verwundert es wenig, dass es auch berühmte Berberführerinnen in der Geschichte gab. Auf die zwei herausragendsten Frauen, Kahina und Tin Hinan, wird hier speziell eingegangen.

Kahina
Als eine der herausragendsten Persönlichkeiten der Berber gilt Kahina. Diese Berberfürstin aus dem Aurès, möglicherweise jüdischer Abstammung, führte am Ende des 7. Jahrhunderts den Widerstand der Berber gegen die Araber an und erwies sich als sehr gefährliche Gegnerin. Kahina - der Name bedeutet übersetzt «Prophetin» - mobilisierte die Berber im Aurès und formte sie zu einer schlagkräftigen Truppe. Unter ihrer Führung gelang es diesem Berberheer den Arabern mehrere schwere Niederlagen zu bereiten. Dieser Widerstand veranlasste die Araber im Jahr 698 Tunis zu gründen. Nur mit großer Kraftanstrengung schafften es die zahlenmäßig weit überlegenen Araber Kahina schließlich zu besiegen und letztendlich zu töten. Mit welcher letzten Konsequenz Kahina den Krieg geführt hatte, davon zeugt das Faktum, dass sie, um die Unabhängigkeit zu bewahren, sich nicht scheute, ihre Söhne den Feinden auszuliefern. Man könnte das Ausliefern der Söhne als Hinweis auslegen, dass die Söhne weniger Stellenwert hatten als die Töchter, also Kahina einem Berbervolk vorstand, in dem die weiblichen Nachkommen eine höhere Stellung innehatten als die männliche Nachkommenschaft.
goldenes Armband der Tin Hinan Tin Hinan - Afrikanische Amazonenkönigin
Die Stammutter der Tuareg war eine Frau, die viele Merkmale einer Amazonenkönigin aufweist. Ihr Name war Tin Hinan.
Tuareg Bogenschütze Die Tuareg
Den stärksten Eindruck wahrer Berberkultur vermittelt das Volk der Tuareg. Dieses Volk lebt in der Saharawüste und konnte aufgrund der Abgeschlossenheit seine Originalität bewahren. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang es den Franzosen dieses stolze Volk zu besiegen!

Mâyu - das Frühlingsfest der Frauen in Tozeur
Jedes Jahr im Mai, genau am 13. Mai, findet in der Stadt Tozeur am Nordrand des Chott el-Djerid das Fest Mâyu statt. Es handelt sich hier um ein Fest, das sich so gar nicht in die Traditionen des Islams einordnen lässt.
Der Ablauf des Festes gestaltet sich folgend:
An diesem Tag montieren die Landpächter Schaukeln in den Palmenhainen und die jungen Frauen, die jungen Mädchen und auch die kleinen Mädchen vergnügen sich beim Schaukeln. Das Hauptereignis spielt sich aber in dem für Tozeur so lebenswichtigen Wasserkanal, dem Oued ab. Am Morgen gehen jene Frauen, welche aus Anlass dieses Festes das Haus verlassen dürfen – ausgeschlossen sind die Frauen aus reicher Familie – zum Oued, um darin zu baden. Es ist hier wie auch beim Schaukeln in den Palmenhainen ein Tag der Freude, des Lachens und Spielens. Die jungen Mädchen führen eigentümliche Rituale direkt im Oued durch. Sie öffnen ihr Haar im Oued, bespritzen sich gegenseitig mit Wasser und sprechen eine Beschwörungsformel.
Die verheirateten Frauen nehmen Wasser aus dem Oued mit nach Hause und mittels alter Zauberrituale machen sie daraus ein Aphrodisiakum, um damit die Liebe ihrer Ehemänner neu zu entfachen.

Oued in Tozeur
Oued in Tozeur

Es ist ganz offensichtlich ein Fest, wo die Frauen im Mittelpunkt stehen. Die Forscher sind sich im Wesentlichen einig, dass die Ursprünge des Festes auf ein vorislamisches Vegetationsfest zurückzuführen sind. Allein das Datum im Mai, also im Frühling weist auf den Fruchtbarkeitscharakter hin. Besonders fällt auf, dass es ein Fest der Frauen ist und zwar ausschließlich der Frauen. Das erstaunt umso mehr, da Tozeur durch und durch islamisch ist. Die Rolle der Männer bei diesem Fest beschränkt sich darauf, die Schaukeln zu montieren. Es ist ein Fest der jungen Frauen und Mädchen, aber nicht nur der Unverheirateten. Das Hauptereignis spielt sich im Oued ab, der Lebensader von Tozeur. Ohne dieses natürliche Wasservorkommen könnte Tozeur nicht existieren. Diese Verbindung mit dem Wasser ist unzweifelhaft in Zusammenhang mit Fruchtbarkeit zu deuten. Ohne Wasser gäbe es keine Vegetation und kein Leben im Djerid. Das sich gegenseitig Bespritzen mit dem wertvollen Wasser des Oued ist unbestritten als Fruchtbarkeitsritual zu interpretieren. Die Fruchtbarkeit der Vegetation wird mit der Fruchtbarkeit der Frauen in Verbindung gesetzt. Der Ausschluss der reichen Familien vom Fest weist auf den egalitären Charakter des Festes hin. Möglicherweise steckt sogar eine latente Reminiszenz an eine vergangene, egalitäre Gesellschaftsform dahinter, welche durch dieses Fest einmal im Jahr wieder zu Tage tritt.
Es ist jedenfalls sehr erstaunlich, dass das Mâyu-Fest – als ein Fest der Frauen – bis in die Gegenwart in dieser Form in Nordafrika bestehen konnte.

    Gedanken zu Analogien zwischen dem Volk der Berber und den in der Antike beschriebenen libyschen Amazonen
  • Als erstes ist hervorzuheben, daß die libyschen Amazonen der Antike in jenem Teil Afrikas lokalisiert wurden, wo die Berbervölker lebten und noch leben. Die Berber gelten als die Urbevölkerung.
  • Die Berber nennen sich in ihrer Sprache selbst »AMAZIGH«. Es besteht zweifellos eine große Ähnlichkeit zwischen den Wörtern »AMAZONE« und »AMAZIGH«.
  • Eine weitere erstaunliche Tatsache ist die hervorragende Stellung der Frau in der Gesellschaftsstruktur der Berber, obgleich es abhängig davon ist, in welchem Umfang die Berber von den Arabern absorbiert wurden. Seit etwa 1300 Jahren wurden die Berbervölker von arabischen Invasoren bedroht und zum Großteil erobert und zuletzt von ihnen absorbiert.
    So gibt es ein ganz signifikantes historisches Ereignis bei der ersten arabischen Invasion um 700 nach Chr. Es war eine Berberführerin namens Kahina, der es zunächst sehr erfolgreich gelang, den arabischen Eroberern Widerstand zu leisten. Sie konnte jene sogar zurückschlagen, zuletzt wurde sie aber doch besiegt und büßte ihr Leben ein! Kahina führte ihr Leben ganz in der Tradition der berühmten Amazonenköniginnen, etwa wie Penthesilea. Ist es daher nicht plausibel, sie als Nachkomme der berühmten libyschen Amazonen zu betrachten?
    Allerdings war die Eroberung der Berbervölker ziemlich vollständig, so haben nur die abgelegensten Stämme ihre einzigartige Kultur bewahren können.

Auch heute noch gibt es erstaunliche Parallelen zwischen der Berberkultur und dem überlieferten Bild der Amazonen. So existieren beeindruckende Berberburgen, die eine starke Ähnlichkeit zum Bild der Burg von Themiskyra auf einer griechischen Vase aufweisen. Die Übereinstimmung von zinnenbekrönten Türmen auf beiden Darstellungen ist erstaunlich!

Berberburg
Berberburg in Marokko

Aber auch im gesellschaftlichen Leben der Berber haben sich Elemente ihrer einzigartigen Kultur erhalten. So sind zumeist nur die Berberfrauen des Lesens und Schreibens kundig und ausschließlich sie beherrschen ein spezielles Alphabet, genannt Tifinagh, welches auf die altlibysche Schrift zurückgeht.
Daher ist es auch wenig überraschend, daß Literatur und Dichtkunst Sache der Frauen ist und von ihnen weitergegeben wird!

AMAZA Diese zwei Schriftzeichen der alten Schrift der Tuareg (Berber) werden »AMAZA« ausgesprochen.
Dieses Wort bedeutet in der Sprache der Tuareg »Mutterliebe«.

 Giresun Adasi Projekt 

Literatur
Gerhard Pöllauer, Die verlorene Geschichte der Amazonen
Neueste Forschungserkenntnisse über das sagenumwobene Frauenvolk
ISBN: 978-3-902096-88-3; Paperback, 148 Seiten, 87 Schwarzweiß-Abbildungen, 3 Skizzen
Preis: EUR 13,00

Dieses Buch begibt sich auf die Spuren der sagenumwobenen Amazonen. Es beleuchtet die berühmte Amazonensage in all ihren Facetten, begibt sich auf eine archäologische Spurensuche und liefert neueste Forschungserkenntnisse aus der legendären Heimat der Amazonen am Fluss Thermodon und von der einst von Amazonen bewohnten Insel Lemnos. Eingehende Untersuchungen der antiken Amazonensagen in Kombination mit neuesten Entdeckungen vor Ort entschlüsseln den geheimnisvollen Mythos über das berühmte Frauenvolk. Zahlreiche Abbildungen dokumentieren die Forschungsergebnisse.
Diese neuesten - unvoreingenommenen - Forschungen bringen das eingefahrene Geschichtsbild ins Wanken. Zahlreiche archäologische und historische Spuren deuten darauf hin, dass die Amazonen wirklich existierten hatten! Auf Basis dieser neuesten Erkenntnisse kann die verloren gegangene Geschichte der Amazonen rekonstruiert werden.
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Gerhard Pöllauer, Geheimnisvolles Lemnos. Die von Frauen beherrschte Insel
ISBN: 978-3-902096-77-7; Paperback, 128 Seiten, 97 Schwarzweiß-Abbildungen, 3 Abbildungen in Farbe, 1 Karte
Preis: EUR 13,00

Die in der Nordägäis gelegene, relativ unbekannte griechische Insel Lemnos hat eine großartige vorgeschichtliche Vergangenheit vorzuweisen. Vor 5000 Jahren entwickelte sich hier eine bedeutende Hochkultur mit eindrucksvollen Stadtanlagen, mächtigen Felsbauten und Ehrfurcht einflößenden Heiligtümern. Die Entdeckung der frühbronzezeitlichen Fundstätte von Poliochni gilt als sensationell. Diese Siedlung wird aufgrund ihrer Ausmaße und ihrer Entwicklungsreife als die älteste Stadt Europas bezeichnet. Auch Myrina im Westen und Hephaistia im Norden beeindrucken mit ihrer erstaunlichen prähistorischen Hinterlassenschaft. Vermutlich hatte noch eine vierte städtische Siedlung ganz im Nordosten der Insel existiert - das sagenhafte Chryse, welches durch ein Erdbeben im Meer versunken war.
Gleichzeitig ist festzustellen, dass in dieser Kultur Frauen eine zumindest gleichberechtigte Rolle innehatten. Nicht ohne Grund wurde Lemnos in der Antike mit den Worten »die von Frauen beherrschte Insel« charakterisiert.
=> Inhaltsverzeichnis

Heide Göttner-Abendroth, Geschichte matriarchaler Gesellschaften und Entstehung des Patriarchats
Die Matriarchatsforscherin der Gegenwart im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus ist Heide Göttner-Abendroth. In Ihren Werken widmet sie sich ganz der Erforschung der von der offiziellen Geschichtsforschung negierten matriarchalen Kultur.

Ein weiterer Meilenstein Ihrer großartigen Forschungsarbeit ist das neu erschienene Buch »Geschichte matriarchaler Gesellschaften und Entstehung des Patriarchats«. Auf Basis ihres umfassenden Wissens schildert sie kenntnisreich und mit Akribie die Geschichte des Matriarchats und die Entstehung des Patriarchats. Es ist wissenschaftlich fundiert, aber auch leicht verständlich geschrieben. Es ist ein Buch, welches das verkrustete herkömmliche Geschichtsbild kritisch hinterfragt und aus neuem Blickwinkel eine Geschichte rekonstruiert, in der die Frauen nicht eine passive, sondern eine sehr aktive Rolle in der Entwicklung der Menschheitsgeschichte einnehmen.

Mit großartigen Fotos bringt uns Margaret Courtney-Clarke in ihrem Buch Die Berber-Frauen. Kunst und Kultur in Nordafrika die Kultur der Berber, in speziellen jene der Berberfrauen, nahe.
Mano Dayak beschreibt in seinem Buch Die Tuareg-Tragödie die Kultur der Tuareg, so auch die hervorragende Rolle der Frauen. Doch weist er auch auf die große Gefahr des Untergangs dieser einzigartigen Sahara-Kultur hin.

Aktualisiert: 15. November 2024
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